Lust und Frust beim Weltreisen

Nina schreibt (30.10.15)

 

 

Wir sind jetzt über drei Monate unterwegs und so allmählich hat man sich ans Reisen gewöhnt. Es gibt gewisse Routinen in den Abläufen, z.B. dass die Männer den Frühstückstisch decken, während ich den Camper umbaue. Es gibt auch immer wiederkehrende  Dialoge, wie:

Tim: „Mama, wie weit noch?“

Ich: „Noch zwei Stunden?“

Tim (empört): „So weit? Warum das denn?“
Ich (genervt): „Weil Australien groß ist.“

Zwei Minuten später wiederholt sich das Ganze.

Oder Max´ Erklärung dafür, dass etwas nicht so klappt, wie wir Erwachsenen uns das denken:

Ich: „Guck´ mal die anderen Kinder da drüben. Die brauchen auch gerade nichts zu essen.“ (Zitat während der Krokodiltour)

Max: „ DIE sind ja auch nicht auf Weltreise.“

Die Weltreise scheint ein echtes Trauma bei Max zu hinterlassen. (J Vermutlich nicht, aber es ist so eine wunderbare Ausrede, die einfach immer passt).

 

Vieles, was wir hier als Familie erleben, ist so wie zu Hause, nur komprimierter: wir leben enger aufeinander und das 24 Stunden am Tag. Es gibt nur wenige Momente, in denen sowohl die Kinder von uns als auch wir von den Kindern Abstand haben. Das ist für alle unter Umständen ganz schön anstrengend. Es gibt sehr schöne, intensive Momente. Oft sogar gleich morgens nach dem Aufwachen, wenn das Kind, das zuerst wach ist, noch zum Kuscheln  „runter“ kommt. Sobald aber das zweite Kind wach wird, gibt es oft Krach zwischen den Jungs und die Harmonie ist nachdrücklich gestört. Morgens Krach finde ich sehr unangenehm. Abends ist es aber auch nicht besser. Das ist wie zu Hause: Sobald die Kinder (oder ich, ich gebe es ja zu) müde sind, ist alles „aus“. Das „Theater“ ist vorprogrammiert. Aber das ist, wie gesagt, zu Hause nicht anders – und ich glaube, dass das anderen Eltern auch nicht anders geht.

Wir sind nun wieder aus dem Norden von Queensland zurück (momentan in Yaamba, kurz vor Rockhampton). Im Norden fiel mir auf, dass einige Menschen wenig Verständnis für Kinder generell hatten. Zwei- bis dreimal wurde ich mehr oder weniger dafür bemitleidet, dass ich Kinder habe. Soooo schlimm sind sie dann auch wieder nicht!!!!

 

Noch so eine Kinderanekdote, die sich mir für immer einprägen wird: Worin besteht der Unterschied zwischen Liebespaar ohne Kinder und Familie mit Kindern? Als Liebespaar ohne Kinder kann man Sonnenuntergänge genießen, als Familie mit Kindern definitiv nicht! Wir haben es versucht- und der Versuch ist kläglich fehlgeschlagen! Der Sonnenuntergang war allerdings auch nicht so spektakulär, insofern war es nicht so dramatisch. Aber ich glaube, die beiden Liebespaare in unserer Nähe waren froh, als wir wieder gegangen sind und sie ihre Ruhe hatten.

 

Lust eines Weltreisenden: wunderbare Begegnungen und Gespräche, Austausch mit anderen und neue Anregungen. Für so etwas ist im normalen Arbeitsalltag viel zu wenig Zeit. Leider!!! Aber vielleicht kann man sich die Zeit in Zukunft ja nehmen. Ich hoffe es! ( Anbei an einige, die uns hier schon begegnet sind und den blog vielleicht lesen, viele liebe Grüße und Danke für die schönen Gespräche: z.B. an Familie Hambückers, die wir in Amerika getroffen haben, an Antje und Roland, die uns Sonnencreme auf dem Weg zu den Yasawas geliehen haben, an Miriam und Rudolf, die uns auf Fidschi viele Anregungen in punkto Ernährung und Lebensführung gegeben haben und uns darauf hinwiesen, dass ein Camper in Australien vielleicht doch besser wäre als zelten (ihr hattet sooo Recht!), an Katharina und Sebastian, mit denen wir den Segeltörn zu den Whitsundays machten und die sich geduldig alle Familiengeschichten, die unseren Kindern einfielen, anhörten, an Barbara, mit der ich ein wunderbares Frauengespräch im Daintree NP hielt und nicht zuletzt an Anni und Hanna, mit denen wir gestern Abend tolle Gespräche hatten. Es tat einfach gut, mit euch zu plaudern!).  

Schön ist es aber auch immer wieder, etwas von zu Hause zu hören, von denen Menschen dort, die an uns denken und uns in Gedanken begleiten. Ich glaube, dass auch das ein Vorteil dieser Reise ist. Wir schreiben davon, wie es uns geht und was wir erleben und empfinden. Wie oft hat man im Alltag zu wenig Zeit für tiefe Gespräche. Ein paar Mal habe ich es zu Hause geschafft, mich mit jemandem zum Kaffee trinken zu verabreden. Aber wie oft passierte es, dass ich jemanden beim Einkaufen oder Tim vom Kindergarten Abholen etc. getroffen habe, man sich kurz ausgetauscht hat und die Unterhaltung endete mit einem ernstgemeinten: „Wir müssen unbedingt mal Kaffee trinken gehen“ oder „Wir müssten mal gemeinsam kochen“ oder so ähnlich. Ernst gemeint war es immer, aber die Zeit fehlte so oft. Wie sehr habe ich unsere 80er- Party genossen, an der so viele liebe Menschen da waren. Und wie sehr freue ich mich darauf, die Kontakte zu intensivieren und zu pflegen, wenn wir wieder zu Hause sind. Ich merke das an den Begegnungen hier, wie wichtig es ist, sich mit lieben Menschen zu umgeben. Und wenn es nur alle paar Wochen mal ein Treffen ist oder wie mit meinen Freundinnen Stella und Anisa nur alle paar Monate mal eine mail… es ist das, was zählt im Leben. Nicht die ganzen Stunden, die man am Schreibtisch „hängt“. Die müssen sicherlich sein, aber das andere ist so viel wichtiger. Das ist das, was bleibt.

 

Bevor ich jetzt zu sentimental werde, packe ich lieber die Jungs zusammen. Nachdem wir gestern lange gefahren sind, wollen wir heute in Agnes Water einen Strandtag einlegen. Dort waren wir schon einmal und es ist wunderschön. Ich freue mich drauf. Bei Agnes Water hört das Great Barrier Reef auf und das quallenfreie Meer mit tollen Wellen zum Surfen beginnt wieder.  

Ein kurzer Tipp noch: Wir waren vorgestern in Undara und haben dort die ältesten Lavaröhren der Welt besichtigt. Unbeschreiblich! Der Guide berichtete davon, dass die Röhren alle 20 Jahre überflutet werden. Man sollte sich das bei youtube unter „undara under water“ angucken. Ich werde es machen, wenn wir wieder zu Hause sind. Einfach unvergleichlich! Für mich das bisherige Highlihgt unter den vielen, vielen Highlights in Australien! So, nun ab to the beach!

 

 

Nina schreibt (2.11.15) Irrungen und Wirrungen

- Wie man sich doch täuschen kann: Gestern sind wir in einem öffentlichen Fahrstuhl gefahren. Es gab zwei Knöpfe, die man drücken konnte. Auf dem oberen stand „UG“, auf dem unteren „LG“. Wir stiegen auf der unteren Ebene ein. Da wir nach oben wollten, hätten wir auf „UG“ drücken müssen. Das machte für mich aber keinen Sinn, da „UG“ doch „Untergeschoss“ heißt. Das weiß doch jeder, der schon einmal Aufzug gefahren ist. Die Aussies um mich herum werden sich ihren Teil gedacht haben, als ich auf „UG“ drückte und nichts passierte. Natürlich heißt „UG“ in Australien nicht „Untergeschoss“, sondern „upper ground“. Und  „LG“ heißt dementsprechend „lower ground“. Wieder etwas gelernt…

- Endlich wieder in South Queensland angekommen, haben wir uns auf den nächsten ALDI gestürzt und sind dem Shoppingwahn (nur Lebensmittel!) verfallen. Mir fällt außer „abartig“ kein passendes Adjektiv ein, das das Gefühl beschreibt, das ich empfand, als ich bei 30 Grad und Sonnenschein im ALDI Weihnachtsservietten mit Schneelandschaft, Oblatenlebkuchen und Mozartkugeln sah. Ich hatte mich vor unserer Reise schon gefragt, wie die Adventszeit wohl werden würde. So ganz ohne Plätzchen backen, Lebkuchen usw.. Nun, da ich vor den Oblatenlebkuchen und den Mozartkugeln stand, empfand ich keinerlei Gelüste. So werde ich dieses Jahr wohl zum ersten Mal in meinem Leben nach den Weihnachtsfeiertagen keine Plätzchenringe um den Bauch haben. (Meine Oma hätte gesagt: „Schad´ nix!“ = „Schadet nichts“/ „Macht nichts“).

- Die Aussies und das liebe Geld: Es ist schon sehr verwunderlich, dass man in Australien an so vielen Orten kostenlose Lagunenlandschaften und kostenlose Barbecuegrills findet. Und gleichzeitig kassieren sie in den großen Städten Mautgebühr für die Brücken. Und das, wie wir gestern in einem Film im Museum in Brisbane sahen, schon seit über 60 Jahren.

- Ebenfalls sehr befremdlich finde ich, dass man hier Alkohol nur in „Liquor shops“ bekommt. Mag ein Überbleibsel aus alter Zeit sein. Ich finde es seltsam und umständlich. Ich glaube nicht, dass dadurch weniger Alkohol konsumiert wird. Als ich heute Linsen und Spiralnudeln gekocht habe, hätte ich den Rotwein gut gebrauchen können, der ins original schwäbische Rezept meiner Mutter gehört, aber beim ALDI gab es keinen…

- Apropos Linsen: Auch das war ein seltsames Gefühl. Heute Mittag habe ich das schwäbische Nationalgericht (eigentlich Linsen, Spätzle und Saitenwürstchen) mit Linsen, Nudeln, Würstchen und Rotweinessig von besagtem Discounter im Lamington Nationalpark, der aussieht wie der bayrische Wald, gekocht. Während des Essens haben wir uns dann mit ehemaligen Wienern unterhalten, die vor 37 Jahren ausgewandert sind. Hier im Süden von Queensland fühlt man sich wieder wie in Süddeutschland, wobei sich Schwarzwald und Albaufstieg bei Kirchheim/ Teck abwechseln.

 

Während ich hier schreibe, unterhält sich Jörg mit unserem „Besuch“, einem der vielen wunderschönen rot-blauen Papageien, die unsere Kinder vorhin mit Wonne gefüttert haben. Auch ein paar Bushturkeys und etliche Kängurus laufen bzw. hoppeln hier rum. Ansonsten Ruhe pur. Die Jungs sind zu den Papageien zurück und werden dort bleiben, bis wir sie zum Abendessen „zwingen“. Diese Tierbegegnungen sind einfach großartig. Allerdings sind manche Vögel richtige Biester. Vorhin, als wir uns auf der Cafeterrasse mit tollstem Bergpanorama niedergelassen hatten, hat ein Papagei, den niedlichen Vogel mimend, sich auf unseren Kaffeetisch gesetzt und dann ganz fix und frech Jörgs Zuckerpackung geklaut. Und in Undara neulich hat ein Kingfisher, der so harmlos und putzig aussieht, gewartet bis Jörg vom Frühstückstisch aufstand und ich alleine da saß. Dann kam er im Sturzflug auf meinen Teller zu und hat mir ein komplettes Marmeladenbrot geklaut. Sie sehen sooo süß aus, sind aber so raffiniert. An wen erinnert mich das nur? (J ).

 

Max  schreibt   04.11.15

 

Hallo  ihr  lieben  Bekanten  und  Verwandten,  ich  habe  schon  gehört, dass  manche  von  euch  schon  Schnee  haben. Bei  mir  ist  es  genau  umgekehrt. Ihr  sitzt   vielleicht   gerade  auf  dem  Sofa  und guckt  Fernsehen?  Bei  2    oder  4  Grad. Ich  sitze  im  Nissan  Condo   von   Jucy  Rentals  und  habe  37  Grad.  Wir  fahren gerade in den  Girrraween  Nationalpark.  Im  letzten   Nationalpark, dem  so  genannten  Lamington  National  Park,  konnten wir  Papageien  auf  dem  Arm , dem Kopf  und den Schultern  haben. Ebenso  auf  dem  Campingplatz  „Yamba  rest  area“.  Ich  freue   mich  euch  wieder  zu sehen.

 

 

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Die Tante (Samstag, 07 November 2015 11:02)

    Mäxle, mein Großer,

    ich freue mich SO, Dich endlich auch mal selber zu lesen !!!
    In den letzten Tagen habe ich schon gedacht, ich müßte Deine Mama mal bitten, ob nicht wenigstens Du auch mal selber hier zu Wort kommen kannst (Deine Brüder sind vielleicht noch zu klein, um hier direkt zu schreiben... oder, Domi ?? ;-) ) - wir wollen doch schließlich auch wissen, wie es Dir gefällt und was Du so erlebst, nicht nur, was die Großen alles sehen und entdecken.

    Aber Du, das klingt ja alles wirklich ganz toll und ich bin seeehr beeindruckt, wenn ich immer lese, daß Du nun schon so prima tauchen und wellenreiten kannst.
    Wellenreiten bzw surfen haben Deine Mama, Tante Alexandra und ich auch gelernt, als wir ungefähr in Deinem Alter bzw ein bißle älter waren - aber viel Zeit war nicht dazu und ich wette, daß Du inzwischen schon tausendmal besser bist als wir drei es je waren.

    Na, und was Ihr alles schon an Tieren gesehen habt, das ist ja mal richtig klasse.
    Aber Känguruhs kann man wohl eher nicht streicheln, oder ?
    Ich denke, sie sind entweder viel zu schnell weiter gesprungen oder vielleicht auch aggressiv ? Keine Ahnung, das mußt Du mir dann mal genauer erzählen.

    Ob Dich und Deine Brüder dann die Tiere hier auf dem Bauernhof überhaupt noch interessieren, wenn Ihr uns nächstes Jahr besuchen kommt ?
    Mit Possums und Papageien können wir nicht dienen, nur mit Katzen und den Pferden, Eseln, Hühnern und Ziegen der Nachbarin.

    Schnee hatten wir tatsächlich schon, aber nur einen Tag.
    Und jetzt - mitten im November, stell Dir das mal vor ! - haben wir schon seit einer Woche strahlenden Sonnenschein und Temperaturen um die 18 °C.
    Oma Gabi hat schon gesagt, daß , wenn es so weitergeht, der Weihnachtsmann zu uns dieses Jahr auch in Badehose kommt, wie bei Euch in Australien.
    Aber dann seid Ihr ja schon in Asien, oder ?

    Lieber großer Neffe, ich wünsche Dir noch eine ganz tolle Reise und würde mich wirklich freuen, Dich hier öfter zu lesen !
    Und am meisten freue ich mich darauf, Euch nächstes Jahr hier zu sehen und alles ganz genau erzählt zu bekommen.
    Merk Dir alles ganz gut, was Du erlebst, ich will jede Einzelheit wissen, ja ?

    Ich drück' Dich ganz feste, Großer
    und Du umarmst auch Deine Brüder von Onkel Stefan und mir
    ganz doll, gell ?


    herzlichst


    immer Deine Tante L.


    ,

  • #2

    L. (Samstag, 07 November 2015 11:09)

    Schwesterlein, geliebtes, meiniges, irre ich mich oder kann es sein, daß Du einen Vogel hast ???? *lach*
    (Nicht, daß ich das nicht schon seit Jahren vermutet hätte ;-)) , aber so mit bildlichem Beweis.... )

    eMail folgt in den nächsten Tagen


    big

  • #3

    Holger (Dienstag, 10 November 2015)

    Liebe Nina,

    "UG" - "LG"... einfach klasse! Das wäre mir auch passiert. Mehr noch: wahrscheinlich hätte ich darüber nachgedacht was "LG" wohl bedeutet, bevor ich irgendeinen Knopf drücke. Eine Zehntelsekunde später hätte ich feststellen müssen, dass "LG" keine Synapse bei mir aktiviert (bis auf die Marke"Life Goods", aber macht das in der Situation Sinn?). Und ehe ich mich versehen hätte, wäre der Finger schon auf dem "UG"-Knopf gelegen - und beim Drücken hätte ich gedacht "leck mich doch"...
    Dann wäre nichts passiert, so wie es bei Dir war. Keine Bewegung, weder noch oben noch nach unten. Also wieder auf die Knöpfe starren und ratter, ratter, ratter...Um es kurz zu machen: Bin mir sicher, dass das "Rätsel" gelöst worden wäre! Und ich hätte wiedermal feststellen dürfen, dass ich immer mal wieder zu wenig nachdenke, als das was gescheites dabei raus kommt, aber dann doch genug Hirnschmalz verschwende, als dass nicht Mist dabei rumkommen kann. Ich glaube, es wird für mich mal wieder an der Zeit die Nase in ferne Winde zu stecken, um mit den verschiedenen Realitäten und Wahrheiten dieser Welt in Berührung zu kommen.

    Aber warte mal ab, wenn Du wieder zu Hause bist. Vielleicht suchst Du ja den "LG"-Knopf im Fahrstuhl, wenns abwärts gehen soll. Dann wärest Du definitiv zu lange in der weiten Welt gewesen.

    Suerte,
    Holger