Australien - big and beautiful

 

Nina schreibt:

Nun sind wir endlich in Australien und es übertrifft alle meine positiven Erwartungen. Dieses Land ist gigantisch groß und wunderschön. Die Landschaften sind so unterschiedlich: traumhafte, kilometerlange Sandstrände und wenige Kilometer dahinter saftige Wiesen, Wälder, Hügel, eine Landschaft wie im Allgäu oder in BaWü. Ich fühle mich hier wie zu Hause. Dann immer wieder tolle Begegnungen mit Tieren, nicht nur das Koala- und Känguruh- Streicheln im Zoo, sondern auch auf jedem Campingplatz Begegnungen mit Hunden, wilden Hasen und anderem Getier. Die Aussies sind tatsächlich relativ lässig. Großartig finde ich die „Einrichtungen“, die es hier gibt:

- in den Shoppingcentern gibt es Kundentoiletten, die für Kinderwagen Platz bieten. Wenn ich daran denke, wie schwierig es früher war, die Kinder irgendwo unterwegs in einer Stadt zu wickeln…

- wir haben mehrere Campingführer, die kostenlose Rastplätze aufführen, auf denen man übernachten kann. Einige haben nur Biotoiletten (d.h. Plumpsklos), auf anderen Plätzen werden die Toiletten jeden Tag gereinigt. Und in Deutschland muss man fürs „Pippimachen“ auf den Rastplätzen bezahlen…

- auf den Rastplätzen und an vielen Spielplätzen gibt es Barbecuegrills, die alle kostenlos benutzen dürfen. Absolut genial…

Auch ansonsten habe ich das Gefühl, dass man hier sehr aufgeschlossen ist. Während ich in Amerika zwar viele Einrichtungen für Behinderte gesehen habe, aber keine Behinderten und ich mich in der Südsee gefragt habe, wo die ganzen alten Menschen abgeblieben sind, sehe ich hier alle: Junge, Alte, Behinderte, Familien mit vielen Kindern etc.. Wo man geht und steht, wird man ins Gespräch verwickelt. In Amerika haben sich fast nur diejenigen mit uns unterhalten, die schon mal in Deutschland waren oder deren Eltern von dort kommen. In der Südsee wurden wir schon häufiger angesprochen, aber hier erstaunt es mich manchmal doch sehr. Gestern saßen wir am Strand, als eine ältere Dame vorbei ging und meinte: „Da hinten hat sich ein Auto im Sand festgefahren. Der Mann gibt immer Gas und die Räder drehen durch. Er macht immer wieder dasselbe. Bei uns gibt es einen Spruch: Machst du immer wieder dasselbe, bekommst du auch immer wieder dasselbe Ergebnis.“ Sie begann die Unterhaltung als würde sie zu uns gehören. Das war zunächst etwas befremdlich. In Deutschland erlebe ich es häufiger, dass die Menschen nicht einmal meinen Gruß erwidern und hier unterhält man sich als kenne man sich schon ewig. Welch ein Unterschied!

 

Unterschiede und Ähnlichkeiten… Es ist Oktober … es ist FRÜHLING! Das passt in meinem Kopf gar nicht zusammen. Hier gibt es Erdbeeren, saisongerecht! Tagsüber sind es 25-30 Grad und wir schwitzen in der Sonne. Abends ist es schon um 7 dunkel, so dass wir mit den Kindern ins Bett gehen müssen. Und nachts frieren wir wie die Schneider, weil es unter 10 Grad kalt ist. Auch diese Temperaturschwankungen finde ich schwierig zu verkraften. Die beiden kuriosesten Dinge sind aber ALDI und Weihnachten. ALDI (Süd), bei dem ich Rotweinessig bekomme, den ich selbst in Norddeutschland kaum kaufen kann, stellt für uns ein Stück weit Heimat dar. Und Weihnachten im Hochsommer, was für ein Witz. Auch hierzulande werden die Geschäfte bereits mit Weihnachtsartikeln bestückt. Bei besagtem ALDI kann man Spekulatius kaufen (im Frühling???). Die Weihnachtsdeko beinhaltet Tannenbäume wie bei uns mit bunten Kugeln und – seltsamer Weise- Tierfiguren mit künstlichem Schnee (wo es hier doch NIE schneit) und dann aber- dem Hochsommer angepasst- Weihnachtsmannfiguren mit roter Mütze und Badehose. Befremdlich und lustig zugleich!

Alles in allem fühle ich mich hier nach zwei Wochen also sehr wohl. Gäbe es nicht die Familie, Freunde und unsere vier Jahreszeiten inklusive Winter, so könnte ich mir durchaus vorstellen, nach Australien auszuwandern. Die Verbindung aus Bergen (Glasshouse Mountains) und Traumstränden ist einfach toll, dazu Zivilisation (anders als in der Südsee) und diese Annehmlichkeiten wie Barbecuegrills und kostenlose Rastplätze. Ja, passt scho…

 

Weil wir gebeten wurden, mehr von unserem Alltag zu berichten, hier eine kurze Darstellung eines Tages in Australien:

- ca. 6.30- 7.30 Uhr: das erste Kind weckt mich, weil es auf die Toilette muss. Also bitte ich Jörg, dass er zur Seite rutscht, damit wir die Wagentür öffnen können. Zurück im Camper hoffe ich darauf, noch ein paar Minuten ruhen zu dürfen. Meist klappt das nicht besonders lange.

- Ich werfe die ganze Meute raus, um den Camper umzubauen: Jörg und ich schlafen unten auf dem Ausklappbett, mit dem Kopf auf den Sitzen von Domi und Tim. Die Jungs quetschen sich oben zu dritt hin, was schon ziemlich eng ist. Anschließend decken Jörg und ich den Frühstückstisch und bedienen unsere Jungs (pädagogisch wenig sinnvoll, spart aber Abwasch).

- Die nächsten 1,5 Stunden vergehen damit, dass der Abwasch gemacht werden muss (meist macht das Jörg, wobei zunehmend ein Kind zum Abtrocknen angeleitet wird) und die Kinder arbeiten oder rumrennen. Je nach Situation versuche ich im Camper Ordnung zu schaffen, die streitenden Kinder auseinanderzuzerren oder die Jungs zu unterrichten (was sehr gut gelingt, da sie schöner Weise sehr fleißig sind). Dann versuchen Jörg und ich irgendwie fünf Minuten kinderfreie Zeit zu ergattern, um den Tag zu planen. Das ist meist schwierig bis unmöglich.

- So gegen 10.30/ 11.00 Uhr fahren wir dann los. Kurz nachdem wir im Auto sitzen, ruft das erste Kind „Ich habe Hunger.“. Nachdem tröstliche Worte nicht akzeptiert wurden, halten wir noch einmal oder suchen den nächsten Supermarkt auf, um uns erneut mit Lebensmitteln einzudecken. Gemeinsam einkaufen bedeutet allerdings, dass es lange dauert und teuer wird.

- Wenn dann alle satt sind, der Geldbeutel wieder leichter ist und der Camper voller, fahren wir zu unserem Tagesziel, z.B. dem Zoo, dem Walk im Rainforest bei den Glasshouse Mountains oder dem Rainbow Beach. Tim und Domi, die hinten sitzen, hören mp3- Player. Max sitzt mit uns vorne, da es hinten nur zwei Plätze mit Anschnallgurten gibt. Für ihn ist das etwas langweilig und ich hätte ihn auch manchmal gerne als „Puffer“ zwischen Tim und Domi. Andererseits können Max und ich dann kuscheln und uns über Gott und die Welt unterhalten, was auch sehr schön ist.

- Von unserem Tagesziel sind die Jungs anfangs meist gar nicht begeistert (O-Ton Domi: „Nein, ich laufe nicht.“ – warum soll es uns anders gehen als anderen Eltern???). Aber sobald es Tiere zu entdecken gibt, die es hier nahezu überall zu entdecken gibt, sind sie hellauf begeistert und es wird ein sehr schönes Erlebnis. Natürlich haben wir auch jedes Mal einen mit Karotten, Gurken, Äpfeln, Brot, Keksen und Wasser prall gefüllten Rucksack dabei, der sich während des Ausfluges sukzessive leert.

- Sind wir fertig ist die Mittagessenszeit eigentlich schon vorbei, die Jungs (und ich auch) sind aber von der Rohkost nicht satt geworden, so dass die Zeit drängt und kochen im Camper meist zu lange dauert. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Sandwiches oder Fastfood. Meist entscheiden wir uns für Sandwiches und kochen gegen Abend.

- Oft ist noch eine zweite, kleinere Aktivität (z.B. ein anderer Strand) zeitlich drin und dann geht es, spätestens um kurz vor sechs, auch schon an die Campingplatzsuche. Unsere Führer helfen uns enorm, so dass wir spätestens um 7, wenn es leider schon dunkel ist, kochen und essen können.

- Dann geht die Umbauerei wieder los. Wenn die Kinder in ihrem konservenbüchsengroßen Bett liegen, wird noch vorgelesen (nach dem kleinen Vampir und dem Sams ist nun „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ dran) und dann wird, hoffentlich ohne allzu große Streitereien, geschlafen. Ich bin meistens ebenfalls müde und schlafe. Jörg sitzt oft noch auf dem Fahrersitz und recherchiert oder schreibt blog.

Alle paar Tage müssen wir auf einen Bezahlcampingplatz, um die zweite Autobatterie, die den Kühlschrank und das Licht bedient, aufzuladen. Und ein Besuch in der Laundry zum Wäsche waschen muss auch einmal pro Woche sein.

 

 

8.10.

Vorgestern Abend: Abschiedsparty in Gympie. Wie herzlich war das. 4 Nächte haben wir auf dem freien Parkplatz bei Gympie verbracht. Gleich am ersten Abend haben wir uns mit Margeret und „dem Cowboy“, der wohl auf dem Parkplatz lebt, unterhalten. Margeret ist 60+, hat vier erwachsene Kinder und arbeitet in einer Bar bei der Pferderennbahn in Gympie. Was sie auf dem Parkplatz gemacht hat, weiß ich auch nicht. Jedenfalls hat sie dort nicht übernachtet und kannte den „Cowboy“. Wir unterhielten uns so nett an diesem Abend. Als wir sie vier Tage später wieder auf dem Aldi- Parkplatz trafen, verabredeten wir uns für den Abend auf dem Parkplatz. Sie hatte für uns eingekauft: Salat, Würstchen, vegetarische Tortellini für mich und außerdem gab es eine nette Karte zur Erinnerung und für die Kinder Seifenblasen und Knete, mit denen sich die Kinder voller Freude und ausgiebig beschäftigten. Außer Margeret und dem Cowboy war auch noch ein älterer Herr da, mit dem wir uns sehr angeregt und nett unterhielten. Es sind diese herzlichen, intensiven Gespräche mit wildfremden Menschen, die für kurze Zeit in unser Leben „schneien“ und es bereichern!

Ich musste an das Lieblingslied meiner Oma denken „Heute hier, morgen dort… bin kaum da, muss ich fort… hab es selbst so gewählt, nie die Jahre gezählt, nie nach gestern und morgen gefragt. … Dass man mich kaum vermisst, schon nach Tagen vergisst, wenn ich längst wieder anderswo bin, stört und kümmert mich nicht, vielleicht bleibt mein Gesicht doch dem ein oder anderen im Sinn.“ Diese Menschen werden mir „im Sinn“ bleiben, auch wenn wir sie nur kurz getroffen haben. Ich bin sehr dankbar für diese Begegnungen!!!

 

 

Gestern Fraser Island-  gemischte Gefühle! Unsere Tour habe ich mit gemischten Gefühlen erlebt. Einerseits ist es schon beeindruckend, dass wir in einem Gebiet waren, das seit 7000 Jahren so existiert und das Bad im Lake McKenzie, der glasklar ist, war wunderbar. Andererseits tue ich mich sehr schwer damit zu akzeptieren, dass der (immerhin limitierte) Tourismus dabei helfen soll, die Insel zu schützen. Unser Fahrer berichtete davon, dass Fraser Island für die Aborigines ein Tempel ist. Wie kann man einen Tempel mit Geländewagen befahren??? Sehr empört hat mich das Verhalten von zwei jungen Franzosen, die mit uns unterwegs waren. Unser Fahrer zeigte uns im Regenwald den kleinen Bach und erklärte, dass die Aborigines- Frauen früher hierher zum Kinder gebären kamen. Dies sei ein heiliger Ort, den Männern sei der Zutritt verwährt. Was müssen diese ignoranten Deppen (sorry, aber dieser Ausdruck muss sein!) machen? Sie müssen im Bach herumlaufen. Wie kann man nur so sein…

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Peter (Dienstag, 13 Oktober 2015 00:49)

    Liebe Nina, vielen Dank für deinen Bericht und auch deine Details, bitte weiter so! :-)
    JA bitte, schreib immer wieder mal etwas aus deiner Sicht (bitte nicht böse sein Jörg), das erweitert die Sicht auf euer Abenteuer doch enorm. Wenn man mit 3 Jungs reist sind natürlich praktische Dinge mehr als relevant, klaro, aber wie ihr das organisiert und meistert, Chapeau! :-)
    Ich werd auch mal mit den Jungs reden ...
    Die Offenheit und Herzlichkeit der "Fremden" sind der Hauptgrund warum ich reise und es ist genau so erfrischend wie du berichtest, so authentisch, so muß es sein! :-) Das Lieblingslied deiner Oma war mir neu, werde ich aber ab jetzt nicht mehr vergessen, ein WOW an deine Oma ... :-)
    LG
    Peter