Amazing Yosemite

Jörg schreibt:

 

Sitze hier gemütlich auf einer Bank am Lake Isabella, einem Stausee, und trinke meinen Kaffee. So sollte jeder Morgen beginnen. Die Kids sind am Pool mit Nina und ich genieße den Blick auf die vertrockneten Berge des Kern River Valley.

 

Das Yosemite-Valley liegt hinter uns. Es waren 5 schöne Tage, von denen wir zwei Tage im Tal unterwegs waren. Ein Tag geht für die Reise drauf, danach lassen wir es stets langsam angehen, um die Kinder nicht zu überfordern.

Eine nette Familie aus Österreich hat uns ihren 30$ Pass für den Yosemite-Park überlassen. Überhaupt haben wir in der Zwischenzeit viele nette Reisende kennengelernt. Heute morgen erzählte mir Edvard, ein pensionierter Trucker, dass er 1983 bereits am Lake Isabella gewesen sei. Die Landschaft habe sich sehr verändert. Der Lake reichte mal bis zum Campingplatz. Heute muss man schon einen Kilometer fahren, um ihn zu erreichen. Am Tag herrschen hier im Valley 40 Grad, die extremen Temperaturen gab es hier schon immer und so sieht die Landschaft auch entsprechend aus. Die Amerikaner verbrauchen allerdings für die Plantagen zu viel Wasser… Edvard ist mit seinem 38000 $ teuren neuen gigantischen Wohnwagen und seinen 3 Enkelkindern unterwegs. Er sieht auch ziemlich müde aus. „The kids wake up at 1 a.m. and play videogames“- So so… Gott sei Dank haben unsere nur Durst oder sie müssen auf die Toilette. Es gibt also noch Steigerungen.

 

Mein Bild von den Amerikanern hat sich verändert. Gestartet mit Vorurteilen habe ich durchweg nette, höfliche Menschen kennengelernt. Einige unterhalten sich gerne, andere haben eine aufgesetzte Höflichkeit. Als die Dame im Supermarkt mich (wie immer ) fragte, wie es mir geht, holte ich etwas weiter aus, worauf sie mich fragend anguckte. So ganz habe ich die Mentalität noch nicht verinnerlicht. Amerikaner fremder Herkunft frage immer nach, woher wir kommen und interessieren sich ernsthaft für unsere Reise. Nette Menschen !

 

Es reisen auch viele (sympathische) Franzosen in Kalifornien umher (komischerweise wenige Deutsche). Es macht Spaß, dann wieder ins Französische abzutauchen, allerdings fällt das Englisch reden dann wieder schwerer… Die meisten bleiben nur eine Nacht auf den Campingplätzen, so dass die Kontakte dann nur sporadisch bleiben.

 

Yosemite: Was für eine schöner Park, welch kolossale Landschaft ! Wir haben uns für die Anfahrt mit dem Auto entschieden, obwohl jeder uns davor gewarnt hat. Der Bus wäre an unserem Koa-Southside-Campground um 5.20 Uhr vorbeigekommen. Die Kinder um halb fünf von den Luftmatrazen zu zerren, kam nicht in Frage. Die Nacht vor der Tour war zudem nicht ideal: Zunächst stickig im Zelt (30 Grad), dann Abkühlung auf 9 Grad. Außerdem lag unser Platz neben dem Highway und bis in die Nacht kamen Tagestouristen vom Yosemite, um ihr Zelt noch aufzubauen. Dennoch: die Reservierung von Deutschland aus war eine gute Sache. Der Campground bot einen super Pool, einen Waschraum, Gratisduschen und … heißes Wasser im Büro. Da ich meinen schönen Gaskocher am Hamburger Flughafen nicht durch die Sicherheitskontrolle bekommen habe, die Möglichkeit, sich mal einen Kaffee zu machen. Die Entsorgung des Kochers war übrigens auch eine Geschichte für sich. In der Eile habe ich versucht, wie der billige Jakob der Kocher an Wildfremde zu verschenken. Keiner wollte ihn haben, aber alle sich über unsere Weltreiseziele unterhalten. Fand ich nett, ich musste dringend den Kocher loswerden ! In die Tonnen passte er nicht, so blieben mir nur einige rauchende Flughafenmitarbeiter, die sich meiner erbarmt haben…

 

Zurück zum Yosemite: Wir fuhren zum Sentinal-Domepfad auf 2000 Meter Höhe. Die Motivation der Kinder war gleich Null. Dominik: „Hääää, was wollen wir hier ?“ ( gute Frage ), Max: „Müssen wir etwa Wandern ?“ ( richtig erkannt). Und es sollte gleich knackig in die Höhe gehen, nämlich auf den Sentinel-Dome selber, auf dem wir ( nach einem heißen Aufstieg )einen schönen 360 Grad Blick auf das gesamte Yosemite hatten. Das war ein Tipp der Österreicher, den wir dankbar angenommen haben angesichts der vielen Wanderpfade. Anschließend haben wir eine Rundwanderung unternommen, die aufgrund der Nacht zuvor schon an die Substanz ging. Belohnt wurden wir durch die schöne Natur, duftende Pinien – und Redwoodbäume, dem Anblick von märchenhaften Riesenfelsbrocken. Der Lieblingssport der Kinder: Riesenpinien an den Felsen zerschmettern. Max und Domi gefiel es dann so gut, dass sie mit mir nach dem „Sentinal Dome Trail“ noch eine Extratour zum „Taftpoint“ gemacht haben. Hier konnten wir 2 km senkrecht in die Tiefe schauen, was ich so zuvor noch nicht gesehen habe. Ein spektakulärer Blick, bei dem einem leicht schwindelig werden konnte.

Die Kinder haben ihre erste 12-14 km Tour hinter sich gebracht. Oben am Glacier Point gab es erstmal ein Kingsize-Eis dafür. Die Tour ging in die Beine. Erschöpft, aber glücklich. Der nächste Tag: Pause. Am Sonntag, den 9.08.: Wieder die kurvige, 1 ½ stündige Anfahrt, diesmal mit den Touristenhorden ins Tal. Max wollte gerne Shuttlebus fahren, Nina das Tal von unten sehen und ich die Wasserfälle. Der Aufstieg zum Vernallfall war heiß und steil, eine schlechte Kombi. Die Kinder fanden es nicht so toll, Nina hatte Mühe, den Berg hinauf zu kommen. Auf der Hälfte blieb sie mit Tim zurück, Max und Domi wollten mich unbedingt begleiten. Auf meine Nachfrage, warum sie sich das antun wollen meinten sie, wer Profifussballer werden wolle, müsse trainieren (Guck an…). Sie haben es ohne Meckern geschafft und sich auf einem großen Felsen von dem Wasserfall johlend bespritzen lassen.

Dann: Abstieg. Auf meinen Wunsch hin fuhren wir dann mit dem Shuttlebus zum Indian Village, ein wenig Geschichte über die Ureinwohner musste sein. Dann Rückfahrt mit der Blechkolonne und noch eine Stunde in den Pool.

 

Nina schreibt:

 

Länderfazit Amerika

Morgen geht es zurück nach LA (ins schöne „Floral Inn“- Motel mit leckerem Frühstück- fast wie nach Hause kommen!) und übermorgen fliegen wir in die Südsee. Der richtige Zeitpunkt, um das Länderfazit zu schreiben:

Insgesamt war Amerika ok. Ich habe eine Weile gebraucht, um mich einzugewöhnen. Inzwischen finde ich es nicht mehr so schlimm wie am Anfang, aber wirklich begeistert hat mich dieses Land trotzdem nicht. Die Naturschönheiten sind sehenswert, aber Europa hat auch sehr viele schöne Ecken.

Gut gefallen hat mir:

- Man darf auf den Straßen nur langsam fahren. Ich habe in der ganzen Zeit nur einen einzigen Unfall gesehen.

- Überall, wo man anstehen muss, sind Absperrbänder, so dass man sich der Reihe nach aufstellen muss. Daher wird nicht gedrängelt.

- Alle Amerikaner waren freundlich. Ich sehe wieder, dass es auch anders geht als „deutsch- unfreundlich“.

- Die Campingplätze waren alle gut. Jeder hatte Vorteile (z.B. gratis Duschen, Kinderspielplatz und Spielzimmer, Pool) und Nachteile (schmutzige Toiletten, zu viel Staub, zu laut). Das Zelten mit den Kindern ist ideal.

 

Was mir nicht gefallen hat:

- Die dürre, vertrocknete Mondlandschaft. Ich sehne mich nach einem Herbsttag und einem schönen saftig- grünen Wald

- Die ewige Fahrerei. Durch das Tempolimit braucht man Ewigkeiten, das nervt.

- An den Haupttouristenattraktionen gibt es fast immer zu wenig Parkplätze und zu wenige und dann noch schmutzige Toiletten.

- Einkaufen kostet ein Vermögen. Ich bin eben Lidl- und Aldi- Preise gewöhnt. Die gibt es hier (noch) nicht. Wie überall auf der Welt gibt es hier natürlich auch kein ordentliches (deutsches) Brot, so dass wir auf Toastbrot ausweichen mussten. Dass viele Amis (aber längst nicht alle) so übergewichtig sind, führe ich darauf zurück, dass es billiger ist, in einer der vielen Fastfood- Läden zu essen als im Supermarkt einzukaufen und sich selbst zu bekochen.

 

Meine neu gewonnenen Erkenntnisse:

- Camping mit Kindern ist ideal. Nachts alleine auf die Toilette zu gehen, ist gar nicht sooo schlimm. Bis jetzt habe ich es überlebt!!! J

- Wir hätten die Campingplätze nicht vorreservieren müssen, man bekommt fast immer noch einen.

- Fliegen mit der richtigen Airline macht sehr viel Spaß, weil man zehn Stunden lang essen kann. J

- mp3- Player für die Kinder zu kaufen und mit Hörbüchern zu bespielen, war die Mühe absolut wert. Die Autofahrten sind wesentlich friedlicher als vor der Idee, den Kindern das Hören während der Fahrt zu erlauben.

-Europa ist auch schön!

- Der unschätzbare Vorteil an Rinteln ist, dass die Wege kurz sind (3 min. zum Supermarkt- ein Traum!)

- Ich könnte auf vieles verzichten. Aber auf Wald, unsere vier Jahreszeiten mit Regen und Schnee und natürlich auf gute Backwaren (va Brezeln) möchte ich auf Dauer NICHT verzichten!

- Man gewöhnt sich an alles, selbst an das Schlafen auf einer Luftmatretze im kleinen Zelt.

- Es sind nicht wirklich viele Dinge, die man dringend zum Leben braucht. Viel Ballast, der zu Hause rumliegt, wird nach der Weltreise aussortiert. (wahrscheinlich!)

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Kommentare: 2
  • #1

    Holger (Samstag, 15 August 2015 22:33)

    SO viel erlebt in den Tagen und dennoch kann ich es kaum fassen, dass ihr den Kontinent schon wieder verlasst! Bin auf die Bilder vom Yosemite-NP sehr gespannt. Das nächste Ziel ist im Visier: die Südsee. Wie schnell die Zeit vergeht, allemal für euch Globetrotter...

    Aller Anfang ist erkentnissreich (bestenfalls) und wenn ich Eure Worte lese, bekomme ich einen gute Vorstellung von dem, was die Reise zu Fünft in der Realität mit sich bringt. An Freude und Spaß und auch an Herausforderung und Aufgaben. Brave (englisch...) Jörg & Nina, amazing boys!

    Ninas "Länderfazit" amüsiert mich. Solch ein Fazit wünsche ich mir nach dem Ende einer jeden Etappe eurer Reise! Also, Nina, wenn sich das einrichten lässt - mir würdest Du eine große Freude damit bereiten!
    Ja, in Rinteln sind die Wege kurz und im Herbst stehen da mitunter bunte Bäume am Wegesrand, aber ich befürchte, dass eher die US-Amerikaner mit Booten nach Europa flüchten werden, bevor dort LIDL & Aldi ihre Filialen eröffnen... . Die Überdimensionen, die in den Staaten anzutreffen sind, würden mich wahrscheinlich wechselweise in höchste Extase (weite Landschaften, auch wenn diese mondähnlich sind) oder tiefe Depressionen (fette Bäuche, auch wenn sie offen gezeigt werden...) stürzen. Und, ach ja: "how are you" (engl. für "du mich auch"). Jörg, die Anekdote ist spitze!
    Und die mit dem Gaskocher auch - sag mal, wie verstört ist die Welt: auch ohne Gaskartusche (die wird wohl rausnehmbar sein, weil wechselbar) durfte der Kocher nicht mit? Stell Dir vor was für ein Spaß es gewesen wäre die offene Kartusche zum ausgasen in der Abfertigungshalle über den Boden rollen gelassen zu haben... .

    Jetzt also Südsee - da fehlen mir die Worte. Der "open water diver" ist ein Muss - und den "advanced open water" noch drausetzen soll ein Leichtes sein. Also, wenn es einen Grund haben soll, dass ihr all die Jahre und nie geraucht habt, dann naht der Moment, dieses Ticket einzutauschen.

    Die Jungs (= also die angehenden Profikicker!) werden sicherlich bereits wissen, dass sich der HSV schon nach dem ersten Spieltag treu bleibt...

    Hoffe, ihr habt ruhige, erholsame Stunden im "FloralInn" [also zuhause ;-)] gehabt.

    Bis bald und
    Suerte,
    Holger

  • #2

    Peter (Sonntag, 16 August 2015 02:19)

    Es macht sehr viel Spaß über euren Blog ein Stück weit bei euch zu sein, wenn ihr so viel Schönes erlebt und das jeden Tag. :-) Eure erste Etappe Amerika liegt nun schon hinter euch, Wahnsinn wie die Zeit fliegt! Ich hab mich totgelacht über die Szene mit dir, lieber Jörg, im Supermarkt, über USA unterhalten wir uns dann nochmal, wenn ihr wiederkommt, eure Erfahrungen dort interessieren mich natürlich besonders. Ich unterstütze absolut den Wunsch von Holger, dein „Länderfazit“, liebe Nina, hätte ich auch gern nach jeder Etappe. :-)

    Ganz großer Respekt wie locker ihr beide das managt mit den drei Jungs, Chapeau! :-)

    Weiter gute Reise, bleibt gesund und genießt jeden einzelnen Tag. :-)

    Liebe Grüße
    Peter